Diese Mappen erscheinen in einer Auflage von je 12 num. und sign. Exemplaren.
Anmerkungen zu The Dylan Series
Musik ist ein Lebenselexier! Wohl schon immer! Ab den frühen1960er Jahren aber entwickelte die neue und aktuelle Musik zunehmend eine gesellschaftliche Revolution. Erfaßt wurden davon vorallem die Jugendlichen und die geistig offenen Erwachsenen. Das öffentliche Leben war damals vorwiegend grau und von strengen Konventionen geprägt. Plötzlich wurde die Kleidung bunter und phantasievoller, die Röcke der jungen Frauen kürzer, die Haare der Männer dafür um so länger.
Man suchte die neue Musik im Radio, verfolgte die Mittwochsparty und die Hitparade auf Radio Luxemburg. Man hörte und las mit Erstaunen und Neugierde von Jack Kerouac und Allen Ginsburg. Mit dem Beat-Club von Radio Bremen gab es ab 1965 zum ersten Mal eine TV-Sendung mit dieser neuen Musik, eine Sendung, die explizit für Jugendliche konzipiert wurde.
Neben der großen Zahl an Beatgruppen im Gefolge von Beatles und Rolling Stones (Kinks, Small Faces, Yard Birds, Beach Boys, Animals, Who, Spencer Davis Group, Byrds, … bis hin zu Pink Floyd, Cream, Jimi Hendrix und Velvet Underground, die alle im Ursprung vom amerikanischen Blues und Rock’n Roll der 1950er Jahre angeregt waren) gab es eine Stimme aus der Folk-Bewegung, die auffiel: Ein Singer/Songwriter, der seine eigenen Songs allein mit Gitarre & Bluesharp vortrug und damit Furore machte. Sein Name: Bob Dylan.
Man stelle sich vor – es gab eine Zeit ohne Smartphones, ohne jederzeitige Verfügbarkeit von Musik-Streaming, ohne Podcast und Ohrstöpsel. Wollte man diese Musik nahe und erlebbar bei sich haben, mußte man selbst zu einem Instrument greifen. Es war die große Zeit der Gitarre.
Diese Hommage à Bob Dylan zum 80. Geburtstag am 24. Mai 2021 mit den 21 digitalen Collagen der Dylan Series ist aus meiner Sicht eine verdichtete Wanderung durch erlebte Zeitgeschichte. Sie ist eingebettet in meine große, seit 1990 andauernde Werkreihe TRANSITUS. Deren Kennzeichen, die paarig auftretenden Lanzettformen finden sich in jedem Bild. Angeregt durch Martin Bubers großartiger Schrift aus dem Jahr 1923 mit dem Titel Ich und Du bekommt das singuläre ICH in der paarigen Erscheinung, der Verdoppelung des Zeichens, einen Gegenpart – die Reflektion seiner selbst, ein DU. Mit anderen Worten: Der Schlüssel zur Selbsterkenntnis und damit der Welt überhaupt, liegt im gespiegelten Bild, im Gegenüber.
Mit diesem offenen Zeichen der Lanzettform, das im nächsten Schritt mit den unterschiedlichsten Bedeutungsebenen aufgeladen werden kann, gewinnen wir je nach Drehung, -horizontal oder vertikal-, formale Annäherungen an Auge, Boot, Mandorla, Korn und Vulva, um nur die Naheliegensten zu nennen. Und schon kann fabuliert werden: Am Beginn unseres Lebens steht die Geburt durch den mütterlichen Mund, am Ende aller Tage thront im christlichen Abendland der Weltenrichter in der Mandorla. Das Boot oder die Schiffsform ist Vehikel und Symbol der Lebensreise schlechthin.
Auch der Poet & Musiker Bob Dylan ist als großer Apokalyptiker in bewußter Reflektion auf seiner Lebensreise und läßt uns über seine Texte und seine Musik daran teilnehmen.
CHC Geiselhart, im März 2021.